
Von der allgemeinen Vorsorgeuntersuchung über die Beratung zu Schwangerschaft oder Schwangerschaftsabbruch, die Behandlung von Krankheiten und Störungen der weiblichen Geschlechtsorgane oder der Geburtsvorbereitung, -durchführung und -nachsorge sieht der Berufsalltag von Fachärzten für Gynäkologie und Geburtshilfe sehr abwechslungsreich aus. Wir zeigen, wie die Weiterbildung aufgebaut ist und welche Inhalte behandelt werden.
Inhaltsverzeichnis
Facharzt Gynäkologie und Geburtshilfe – Tätigkeiten
In dem Bereich Gynäkologie und Geburtshilfe geht es um die ärztliche Behandlung und Betreuung der Frau während verschiedener Lebensphasen. Dieses Fachgebiet umfasst die Gynäkologie, Geburtshilfe, Gynäkologische Endokrinologie, Reproduktionsmedizin sowie Erkennung, Prävention und Behandlung von Krankheiten der weiblichen Geschlechtsorgane, des angrenzenden urogenitalen Systems sowie der Brustdrüse. Als Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe stellt man den primären Ansprechpartner und eine Vertrauensperson für Frauen dar. Dabei muss es nicht ausschliesslich um die Behandlung von Krankheiten gehen. Auch die Sexualaufklärung, Empfängnisverhütung oder Beratung von Paaren bei Unfruchtbarkeit sind Themengebiete der Gynäkologen. In dieser Rolle berücksichtigen die Fachärzte grundsätzlich die sozialen, psychologischen und psychosomatischen Aspekte der Patientinnen.
Mehr zum klassischen Behandlungsgebiet und Karriere als Gynäkologen hier:
Überblick aller Facharztausbildungen:
Überblick aller Facharztrichtungen:
Dauer und Gliederung der Weiterbildung Facharzt Gynäkologie und Geburtshilfe
Die gesamte Weiterbildung zum Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe dauert fünf Jahre. Sie muss mindestens ein Jahr an einer Weiterbildungsstätte der Kategorie A, ein Jahr an einer Weiterbildungsstätte der Kategorie B und mindestens sechs Monate an einer Poliklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe absolviert werden. Sämtliche Ziele und Inhalte der Weiterbildung halten die Weiterbildungsassistenten in einem Logbuch fest.
Mögliche Spezialisierungen für Gynäkologen
Neben der Weiterbildung zum Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe haben Fachärzte die Möglichkeit zur Spezialisierung in einem der folgenden Schwerpunkte:
- Operative Gynäkologie und Geburtshilfe
- Gynäkologische Onkologie
- Reproduktionsmedizin und gynäkologische Endokrinologie
- Fetomaternale Medizin
- Urogynäkologie
Die Dauer dieser Spezialisierungsausbildungen beträgt in der Regel drei Jahre. Wurde während der Facharztweiterbildung bereits ein Teil der Zeit in dem gewählten Schwerpunkt absolviert, kann man sich maximal ein Jahr davon anrechnen lassen. Eine Ausnahme stellt der Schwerpunkt Urogynäkologie dar, hier können eineinhalb Jahre angerechnet werden.
Inhalte der Weiterbildung Facharzt Gynäkologie und Geburtshilfe
Die Weiterbildung zum Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe umfasst grundlegende Themen der Gynäkologie wie unter anderem:
- Diagnostik
- nicht operative Behandlungen gynäkologischer Erkrankungen und auch psychosomatischer Störungen
- die operative Gynäkologie und postoperative Behandlung
- gynäkologische Früherkennungs-Untersuchungen
- Sexualberatung
- Beratung im Zusammenhang mit einem Schwangerschaftsabbruch
- Beratung im Zusammenhang mit einer Familienplanung
- gynäkologische Sterilitätsberatung, Familienplanung
- gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin
- Altersgynäkologie
- Urogynäkologie
Innerhalb verschiedener Schwerpunkte müssen die folgenden Kenntnisse und Fertigkeiten erworben werden.
Palliativmedizin
Erwerb von Kenntnissen und Fertigkeiten im Umgang mit Patientinnen in palliativen Situationen:
- Berücksichtigung der therapeutischen Prinzipien bei der Behandlung in der Palliativtherapie, im Besonderen in Situationen mit chronischen Schmerzen
- Kompetente Führung von schwierigen Gesprächen, z.B. Überbringen von schlechten Nachrichten
- Entscheide über kuratives gegenüber palliativem Vorgehen, Sterbebegleitung, Kontakt mit verärgerten oder nicht kooperativen Patientinnen oder Angehörigen sowie das Eingestehen eigener Fehler
- Berücksichtigung der Wünsche der Patientinnen und der Schwere der Erkrankung bei der Planung der Interventionen
Ethik
Erwerb von Kenntnissen und Fertigkeiten im Umgang mit ethischen Fragestellungen, zum Beispiel:
- in der Pränataldiagnostik, bei Schwangerschaftsabbrüchen, im Alter, Information der Patientinnen über diagnostische Massnahmen und deren Risiken
- Erstellen eines Planes zum diagnostischen und therapeutischen Vorgehen unter Berücksichtigung des Kosten-Nutzen-Verhältnis
- Eingestehen eigener Fehler
Gynäkologie
Erwerb von vertieften Kenntnissen und Fähigkeiten:
- Diagnostik und nicht operativen Behandlung gynäkologischer Erkrankungen sowie psychosomatischer Störungen
- operative Gynäkologie, einschliesslich der postoperativen Behandlung der Komplikationen, dazu gehören: Indikationsstellungen und Kenntnis der speziell im Operationsverzeichnis aufgeführten Operationen
- gynäkologische Früherkennungs-Untersuchungen (Kolposkopie und Prinzipien der zytologischen Untersuchungstechnik)
- gynäkologische Sterilitätsberatung, der Familienplanung, der Geburtenregelung und der Sexualberatung
- fachspezifische Indikationsstellung und Beratung im Zusammenhang mit der Frage eines Schwangerschaftsabbruches
- gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin
- Altersgynäkologie
- Thromboembolie-Prophylaxe
- fachgebundene Ultraschalldiagnostik
- gynäkologische Infektiologie
- fachgebundene präventive, psychosomatische und psychosoziale Medizin
- Senologie
- Nachsorge gynäkologisch und operativ behandelter Patientinnen Erwerb von Grundkenntnissen
- Behandlung von Gerinnungsstörungen
- gynäkologische Strahlenbehandlung, einschliesslich des Strahlenschutzes
- Gynäkologie der Kinder, der Adoleszenten und der Jugendlichen
- gynäkologische Onkologie
- Möglichkeiten rekonstruktiver Eingriffe an Genitale und Mamma
- Grundlagen der Humangenetik, Zyto- und Molekulargenetik
- Mamma-Ultraschall
Geburtshilfe
Erwerb von vertieften Kenntnissen und Fähigkeiten:
- Diagnostik der Schwangerschaft
- Diagnostik und Differentialdiagnostik von Schwangerschaftserkrankungen, einschliesslich der Erkennung von Risikoschwangerschaften
- In der Schwangerenbetreuung, Prophylaxe und Behandlung von Schwangerschaftserkrankungen und Schwangerschaftskomplikationen sowie der gesundheitlichen und psychologischen Führung während der Schwangerschaft
- geburtshilfliche Diagnostik, einschliesslich der fachgebundenen Röntgen- und Ultraschalldiagnostik sowie der Methoden der ante- und intrapartalen Überwachung des Kindes
- Überwachung und Leitung der Geburt, inkl. Mehrlingsschwangerschaften
- Indikationsstellung und Ausführung der im Operationsverzeichnis aufgeführten geburtshilflichen Grundoperationen, einschliesslich der geburtshilflich gebräuchlichen Lokal- und Regionalanästhesien
- Erkennung von Anpassungsstörungen, äusseren Fehlbildungen und Erkrankungen, insbesondere auch der Blutgruppen-Unverträglichkeiten des Neugeborenen
- Primärreanimation des Neugeborenen und der Mutter
- Betreuung der Wöchnerinnen, und der Stillenden, einschliesslich der Kenntnis von Wochenbettstörungen und deren Behandlung
- Diagnostik psychosomatischer Störungen von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett
- Infektiologie während der Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett, und unter Berücksichtigung des Embryos/Feten, Neugeborenen
- Beratung pränataler Screeningverfahren und invasiven pränatalen diagnostischen Verfahren
- präkonzeptionellen Beratung
Erwerb von Grundkenntnissen:
- in den Grundlagen der Humangenetik, Zyto- und Molekulargenetik
- in der Betreuung des gesunden Neugeborenen für die Dauer des Wochenbettes, gemeinsam mit der Pädiaterin oder dem Pädiater/Neonatologin oder Neonatologen
Psychosoziale und psychosomatische Gynäkologie
Psychosoziale und psychosomatische Basisdiagnostik:
- Kenntnisse und Fertigkeiten im Bereich der Gesprächsführung
- Patientinnenenzentrierte Kommunikation
- Erfassen der Patientinnenagenda und Patientinnenperspektive
- Wahrnehmung von Emotionen, Verstehen der Beziehung
- Gleichzeitiges Erheben von somatischen und psychosozialen Daten
- Erheben einer psychosozialen Anamnese: Lebenssituation, Belastungen, Ressourcen, Konflikte, gesundheitsrelevante Verhaltensmuster, Merkmale der Persönlichkeit
- Kenntnisse des biopsychosozialen Modells von Gesundheit und Krankheit
Psychosoziale und psychosomatische Basistherapie:
- Kenntnisse und Fertigkeiten im Bereich der Beratung (Counselling)
- Gesprächsführung im Rahmen der Prävention und Gesundheitsförderung (Motivational interviewing, Behavioral change)
- Gesprächsführung im Rahmen von gesundheitsrelevanten Entscheidungsfindungen (Decision making, informed consent)
- Kenntnisse und Fertigkeiten im Rahmen von Krisen und Konfliktsituationen
- Mitteilung schlechter Nachrichten (Mammakarzinom, intrauteriner Fruchttod, etc.)
- Gesprächsführung bei Schwangerschaftskonflikt
- Kenntnisse und Fertigkeiten im Bereich supportiver und bewältigungsorientierter Gespräche
- Umgang mit Emotionen
- Gesprächsführung bei infertilen Paaren
- Chronische und unheilbare Erkrankungen
Psychosomatische Gynäkologie
- Betreuung von Patientinnen mit chronischen Erkrankungen
- Betreuung von Patientinnen mit somatoformen Störungen
- Betreuung von Patientinnen mit malignen Erkrankungen
Psychosomatische Geburtshilfe
- Betreuung von Patientinnen mit psychosozial belasteten und/oder glücklosen Schwangerschaften
- Betreuung von Patientinnen mit Frühgeburtsbestrebungen
- Stressmanagement
- Betreuung von Frauen mit leichten affektiven Störungen im Wochenbett
Endokrinologie und Reproduktionsmedizin
- Erwerb von Grundkenntnissen und Fähigkeiten in
- Diagnostik und Behandlung von Zyklusstörungen
- Diagnostik und Behandlung der Dysmenorrhoe
- Diagnostik und konservative Behandlung der Sterilität und Infertilität
- Beratung und Behandlung anlässlich von klimakterischen Störungen in der Peri- und Postmenopause die hormonale und nicht hormonale Kontrazeption
- Beratung bei Ambivalenz zum Austragen einer Schwangerschaft
Urogynäkologie
Erwerb von Kenntnissen in:
- Anatomie und Physiologie der Blase und des Beckenbodens und in der Physiopathologie der Urininkontinenz und des Prolapses
- Urogynäkologische Abklärung (Urodynamik, Zystoskopie und diagnostische Echographie der Inkontinenz und deren Interpretation)
- Indikationen zur konservativen medikamentösen und operativen Behandlung der Inkontinenz und der Reizblase
- Formulierung eines therapeutischen Konzeptes gemeinsam mit der Patientin wie Erwartungen, therapeutische Möglichkeiten und Risiken sowie Nebeneffekte der verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten
Fort- und Weiterbildungen
Im Laufe der Weiterbildung müssen zudem elf von der SGGG organisierte oder anerkannte Kurse besucht und entsprechend bescheinigt werden, hierunter
- acht Blockkurse unterschiedlicher Thematik
- zwei Blockkurse in Psychosomatik
- ein von der SGGG anerkannter Ultraschallbasiskurs in Gynäkologie und Geburtshilfe (Gesamtdauer fünf Tage)
Operations- und Interventionskatalog
Neben oben erwähnten Kenntnissen und Fertigkeiten müssen Weiterbildungsassistenten im Fach Gynäkologie und Geburtshilfe einen Operations- beziehungsweise Interventionskatalog in folgendem Umfang erfüllen (die Richtwert-Anzahl ist in Klammern den jeweiligen Intervention angestellt):
Gynäkologie
- Kürettagen (100)
- Abdominale oder vaginale oder laparoskopische Hysterektomie, total oder subtotal, mit oder ohne Adnexe (40)
- Inkontinenzoperation, abdominale oder vaginale Kolposuspension (10)
- Diagnostische Hysteroskopie und operative Hysteroskopie (25)
- Kolposkopie unter Supervision (50)
- Diagnostische und operative Laparoskopie (60)
- Brusteingriff inkl. Stanz- und Mikrobiopsien mit Ultraschall (20)
Geburtshilfe (Schwangerschaften ab > 24 SSW)
- Leitung des Geburtsverlaufes und der vaginalen Geburt, inkl. Versorgung von Episiotomie, Dammriss I-II° und inkl. primäre Reanimation des Neugeborenen (300)
- Übernahme von Geburtskomplikationen sowie Komplikationen post partum: Forceps, Vakuum, Beckenendlage, Zwillinge, Extraktion, Wendung, Vernähen von Zervix- und Dammriss III° und IV°, Cavumrevision, manuelle Plazentalösung, Nachtastung, Nachkürettage (40)
- Kaiserschnitt (40)
Ultraschalldiagnostik
Attestierung von 800 eigenen praktischen Ultraschalluntersuchungen, davon 300 transabdominale und 300 transvaginale Untersuchungen davon unter direkter Supervision mit Zertifikat:
- 150 Schwangerschaften im 1. Trimenon
- 150 Schwangerschaften im 2. Trimenon
- 100 Schwangerschaften im 3. Trimenon
- 400 gynäkologische Ultraschalluntersuchungen inkl. Ultraschalluntersuchungen der Brust
Psychosomatische Gynäkologie und Geburtshilfe
- Nachweis kommunikativer Fertigkeiten (im Rahmen von Workshops)
- Beratungsgespräche (Gesundheitsvorsorge, Psychosoziale Probleme, Entscheidungsfindungen, Schwangerschaftskonflikt) (5)
- Gesprächsführung in speziellen Situationen (Mitteilung schlechter Nachrichten etc.) (5)
- Psychosoziale Anamneseerhebung (Sexuelle Schwierigkeiten, Somatoforme Störungen) (3)
- Nachweis der Betreuungkompetenz bei Patientinnen mit komplexen Krankheitsbildern (Chronische und Krebserkrankung, Somatoforme Störungen etc.; im Rahmen von Workshops)
- Anamnese und Behandlungsverläufe unter Supervision (3)
- Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin. Vollständiges Patientinnenendossier mit (mind. 3 Konsultationen)
- Allgemeine endokrinologische Gynkologie (10)
- Peri- und Postmenopause (10)
- Sterilität / Infertilität (10)
- Familienplanung (10)
Facharztprüfung in der Gynäkologie und Geburtshilfe
Die Weiterbildung zum Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe schliesst mit einer Prüfung ab, die aus einem Basisexamen und einem Schlussexamen besteht. Bei dem Basisexamen handelt es sich um eine schriftliche Prüfung. Bei dieser haben die Prüflinge vier Stunden Zeit um 120 Multiple-Choice-Fragen zu beantworten. Das Schlussexamen besteht aus zwei Teilen: einer schriftlichen und einer mündlich-praktischen Prüfung. Die schriftliche Prüfung dauert ebenfalls vier Stunden und besteht aus 120 Multiple-Choice-Fragen. Bei der mündlich-praktischen Prüfung stellen die Prüflinge je einen Fall aus der Gynäkologie und einen Fall aus der Geburtshilfe vor, die im Anschluss diskutiert werden.
Facharzt Gynäkologie und Geburtshilfe – Lohn
Das Gehalt eines Facharztes für Gynäkologie und Geburtshilfe in der Schweiz beläuft sich monatlich auf durchschnittlich etwa 15.000 Franken (brutto). Mehr zum Arzt-Lohn:
- Arzt Gehalt Schweiz – welchen Lohn hat ein Arzt?
- Assistenzarzt Gehalt Schweiz – diesen Lohn haben Assistenzärzte
Jobs als Assistenzarzt in der Gynäkologie und Geburtshilfe
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