
Die jüngst veröffentlichte fünfte Workforce‑Studie 2025 zur haus‑ und kinderärztlichen Versorgung verdeutlicht die aktuelle Krise: Über drei Viertel der befragten Praxen melden bereits heute eine Unterversorgung in ihrer Region. Bis 2030 müssen rund ein Viertel der derzeit tätigen Hausärzte ersetzt werden, bis 2035 sogar bis zu 40 Prozent. Konsequenz ist ein Hausarztmangel: Die Grundversorgung, die als tragende Säule des Schweizer Gesundheitssystems gilt, ist akut gefährdet.
Inhaltsverzeichnis
Überblick
- Die Workforce Studie 2025 zeigt: Über 75 % der Haus- und Kinderarztpraxen sehen bereits heute eine Unterversorgung
- Bis 2030 muss etwa ein Viertel, bis 2035 bis zu 40 % der aktuell tätigen Hausärzte ersetzt werden
- Zentrale Ursachen: Überalterung der Ärzteschaft, ein sinkendes Arbeitspensum pro Arzt und regionale Unterschiede, besonders in ländlichen und Randgebieten mit schwieriger Praxisnachfolge
- Chancen für bestehende und angehende Hausärzte: frühzeitige Praxisnachfolgeplanung, flexible Arbeitszeitmodelle und Kooperationen (Gemeinschaftspraxen, Gesundheitszentren).
- Sicherung einer langfristigen hausärztlichen Versorgung durch: Interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Pflege, Therapieberufen und regionalen Netzwerken sowie politische Förderinitiativen
Ursachen im Überblick
Mehrere Faktoren tragen zur Verschärfung bei:
- Überalterung der Ärzteschaft: Der Anteil der Ärzte, die 60 Jahre oder älter sind, beträgt rund ein Viertel.
- Reduziertes Arbeitspensum: Zwar steigt die Zahl der Ärzte insgesamt, doch viele arbeiten weniger Stunden als früher, was das verfügbare Arzt‑Vollzeitäquivalent reduziert.
- Steigende Nachfrage in der Grundversorgung: Die alternde Bevölkerung sowie Mehrfacherkrankungen sorgen für mehr Bedarf und Aufwand.
- Regionale Unterschiede und Praxisnachfolgeprobleme: In ländlichen oder Randgebieten ist die Lage gravierender – zahlreiche Praxen finden keine Nachfolger.
Bedeutung für Hausarztpraxen
Für Ärzte in der Allgemein- oder Familienmedizin ergeben sich aus der aktuellen Versorgungslage sowohl Herausforderungen als auch Chancen. Wer heute eine eigene Praxis führt oder in Kürze übernehmen will, sollte sich frühzeitig mit möglichen Nachfolgemodellen befassen. Kooperationen mit Kollegen können dabei helfen, die langfristige Praxisführung abzusichern. Zudem gewinnen flexible Arbeitszeitmodelle zunehmend an Bedeutung – insbesondere für jüngere Ärzte oder solche mit familiären Verpflichtungen, die Teilzeitlösungen bevorzugen.
In Regionen mit bereits bestehender Unterversorgung bietet sich für Hausärzte die Möglichkeit, eine zentrale Rolle in der medizinischen Betreuung der Bevölkerung zu übernehmen, was zunehmend auch durch politische Initiativen unterstützt wird. Darüber hinaus erweist sich die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Pflegepersonal, Therapeuten oder Gesundheitszentren als wertvolle Strategie, um der wachsenden Belastung im Praxisalltag zu begegnen und die Qualität der Versorgung zu sichern.
Handlungsempfehlungen für Ärzte
Um die Versorgung zu sichern und die eigene Praxis stabil auszurichten, empfiehlt sich folgendes Vorgehen:
- Analyse des eigenen Pensums und Tätigkeitsprofils: Wie viele Stunden werden tatsächlich abgeleistet, wie sieht das Team aus, wie attraktiv ist die Praxis für eine Übernahme?
- Kooperations‑ oder Gemeinschaftsmodelle prüfen: Etwa Praxisgemeinschaften, Teilzeit‑Partnerschaften oder Praxisspaltungen, um Belastung zu reduzieren und Kontinuität zu sichern.
- Regionalität nutzen: In Kantonen mit hoher Versorgungsdichte kann ein Umzug oder Niederlassung in unterversorgtem Gebiet attraktive Förderbedingungen mit sich bringen.
- Qualitative Ausrichtung stärken: Spezialisierung, Zusatzleistungen oder gesundheitszentrumartige Vernetzung steigern die Attraktivität einer Praxis für Patienten und Mitarbeitende.
- Politik‑ und Verbandsnetzwerke nutzen: Beteiligung bei Verbänden wie Mfe Haus‑ und Kinderärzte Schweiz hilft beim Informationsaustausch und bei Aktionen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen.
Ausblick und Fazit
Die Versorgung mit Hausärzten in der Schweiz steht an einem Wendepunkt. Ohne gezielte Massnahmen drohen Versorgungslücken. Gleichzeitig eröffnet sich für Ärzte die Chance, aktiv mitzugestalten – durch innovative Arbeitsmodelle, Praxisnachfolge mit Weitsicht und verstärkte Vernetzung. Wer sich heute vorbereitet, positioniert sich nicht nur zukunftssicher, sondern übernimmt eine gewichtige Rolle in der medizinischen Grundversorgung.












