
Der Basler Regierungsrat hat erstmals anonymisierte Lohnzahlen der Chefärzte veröffentlicht. Damit setzt der Kanton ein Zeichen für mehr Transparenz im Gesundheitswesen. Auslöser war eine politische Initiative, die sich gegen intransparente Spitzenlöhne im öffentlichen Gesundheitsbereich richtet. Die Debatte um hohe Vergütungen in Spitälern wird damit auf eine fundierte, faktenbasierte Ebene gehoben – auch mit Blick auf mögliche Fehlanreize durch variable Entlohnung.
Beweggründe für die Offenlegung
Die Forderung nach mehr Transparenz bei den Chefarzt-Löhnen kommt vor allem aus dem linken politischen Lager. Die SP sieht in den hohen Vergütungen für ärztliche Kaderpositionen einen zentralen Kostentreiber im Schweizer Gesundheitswesen. Vor diesem Hintergrund reichte SP-Grossrätin Christine Keller eine Motion ein, die von der Basler Regierung schliesslich angenommen wurde. Diese verlangt, dass die Löhne von Chefärzten sowie leitenden Ärzten in den öffentlichen Basler Spitälern jährlich anonymisiert offengelegt werden. Ziel sei es, der Bevölkerung wie auch der Politik fundierte Einblicke in die Gehaltsstrukturen zu geben – insbesondere vor dem Hintergrund steigender Prämien und wachsender Kritik an möglichen Fehlanreizen durch variable Lohnbestandteile.
Doch nicht alle Parteien teilen diese Haltung. Vertreter der SVP und FDP kritisieren die Offenlegungspflicht als unnötigen Eingriff in unternehmerische Autonomie. Sie warnen vor einem potenziellen Standortnachteil für Basel und sprechen von einer Form der „Empörungsbewirtschaftung“. Ihrer Meinung nach könne eine übermässige Transparenz dazu führen, dass sich qualifizierte Ärzte künftig eher für privat geführte Spitäler oder für das Ausland entscheiden, wo weniger öffentliche Kontrolle herrscht.
Aktuelle Zahlen: Chefarzt-Löhne im Überblick
Mit der nun veröffentlichten Statistik gewährt der Kanton Basel-Stadt erstmals Einblick in die effektiven Lohnhöhen der Kaderärzteschaft. Am Universitätsspital Basel (USB), dem grössten Spital des Kantons, liegt das theoretisch mögliche Maximum für Chefarzt-Löhne bei 850 000 Franken. Im Vergleich dazu verdienen die Chefärzte im Durchschnitt rund 490 000 Franken pro Jahr. Leitende Ärzte kommen auf durchschnittlich 330 000 Franken. Diese Zahlen bewegen sich deutlich unter dem festgelegten Maximum und unterstreichen eine relativ moderate Lohnpolitik, zumindest im Vergleich zu anderen Universitätsspitälern der Schweiz.
Auch in anderen kantonalen Gesundheitseinrichtungen zeigt sich ein differenziertes Bild: In der Altersmedizin Felix Platter beträgt der Durchschnittslohn für Chefärzte etwa 440 000 Franken, bei leitenden Ärzten rund 234 000 Franken. Die Universitären Psychiatrischen Kliniken (UPK) zahlen mit 270 000 Franken für Chefärzte und 200 000 Franken für leitende Ärzte deutlich geringere Löhne. Im Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB) liegt die Chefarztvergütung bei rund 380 000 Franken, während die Löhne für leitende Fachpersonen etwa 245 000 Franken betragen. Das Zentrum für Zahnmedizin (UZB) weist für die Klinikleitung rund 300 000 Franken aus, für Oberärzte etwa 145 000 Franken.
Basel im nationalen Vergleich der Chefarzt-Löhne
Im gesamtschweizerischen Vergleich fällt Basel mit diesen Zahlen nicht aus dem Rahmen – im Gegenteil. Die Lohngrenze von 850 000 Franken zählt zu den tiefsten unter den Deutschschweizer Universitätsspitälern. Im Kanton Bern beispielsweise verdienen zwei Chefärzte über eine Million Franken, der Durchschnitt dort liegt bei 1,08 Millionen Franken. Sechs weitere Berner Chefärzte befinden sich im Bereich zwischen 600 000 und 700 000 Franken. In Aarau beträgt der durchschnittliche Chefarztlohn rund 638 000 Franken. In Baden wiederum liegt kein einziger Chefarzt über 600 000 Franken – rund 90 Prozent verdienen dort weniger als 500 000 Franken.
Diese Zahlen zeigen, dass sich Basel im schweizweiten Vergleich eher im unteren Mittelfeld bewegt. Während andere Kantone noch zurückhaltend mit vergleichbarer Transparenz umgehen, hat Basel einen klaren Schritt in Richtung Offenheit gemacht – und könnte damit Vorbildfunktion übernehmen.
Einen ausführlichen Überblick über den Chefarzt Lohn in der Schweiz gibt es außerdem hier:
Variable Vergütung und mögliche Fehlanreize
Ein zentraler Diskussionspunkt bleibt die Zusammensetzung der Chefarzt-Löhne. Diese bestehen häufig nicht nur aus einem Fixgehalt, sondern beinhalten auch variable Komponenten wie Leistungsboni und Zusatzeinnahmen aus Privatpatienten. Letztere können bis zu 60 Prozent des Gesamtlohns ausmachen. Gesundheitsexperten kritisieren diese Praxis, weil sie Anreize setzen könne, möglichst viele – nicht zwingend medizinisch notwendige – Eingriffe vorzunehmen. Gerade bei Ärzten, die auch Grundversicherte behandeln, besteht somit ein strukturelles Risiko für Überversorgung.
Reformansätze in Basel und darüber hinaus
Um diesen Fehlanreizen entgegenzuwirken, wurden im Kanton Basel bereits erste Massnahmen umgesetzt. So wurden etwa in bestimmten Fachbereichen des Universitätsspitals variable Boni reduziert oder gänzlich abgeschafft. Ziel ist es, die Vergütung stärker an der medizinischen Qualität und weniger an der Fallzahl zu orientieren. Auch in der Spitalplanung der Kantone Basel-Stadt und Baselland sollen entsprechende Regelungen künftig verankert werden – insbesondere dort, wo es um die Auswahl von Vertragsspitälern geht.
Solche Ansätze stossen auch national auf Interesse. Verschiedene Kantone prüfen derzeit, wie sich Spitalfinanzierung und Lohnsysteme fairer und transparenter gestalten lassen. Der Ruf nach stärkerer Regulierung wird vor allem dann laut, wenn überdurchschnittlich hohe Löhne ohne erkennbare medizinische Mehrleistung bekannt werden.