
Fast jeder Arzt, der nicht in eigener Praxis tätig ist, kommt irgendwann in die Situation, mit seinem Arbeitgeber über den Lohn verhandeln zu müssen, sei es bei der Bewerbung um eine Stelle oder um eine bessere Vergütung zu erreichen. Den meisten Medizinern sind solche Gespräche nicht vertraut oder unangenehm – häufig beides. Die Folge ist Unsicherheit und “Zaghaftigkeit”, nicht unbedingt die besten Voraussetzungen, um an das gewünschte Ziel zu kommen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Eher mehr als weniger fordern
- 2. Die Lage des Arbeitgebers berücksichtigen
- 3. Sich nicht sofort zufriedengeben
- 4. Es nicht bei mündlichen Zusagen belassen
- 5. Es kommt nicht nur auf das Gehalt an
- 6. Manchmal hilft "stur bleiben"
- 7. Auch höhere Positionen im Blick haben
- 8. Frage nach dem aktuellen Gehalt richtig beantworten
- 9. Selbstbewusst, aber nicht aggressiv verhandeln
Dabei ist das gar nicht so schwer, wenn einige Grundregeln beherzigt werden. Hier sind 9 in der Praxis erprobte und bewährte Tipps für die erfolgreiche Gehaltsverhandlung.
1. Eher mehr als weniger fordern
Diese Empfehlung bedeutet natürlich nicht, utopische Gehaltsforderungen zu stellen. Es gilt stets, realistisch zu bleiben. Zunächst sollte ermittelt werden, welche Verdienstspannen am Markt bei gleichwertigen Ärzte-Stellen üblich sind (siehe auch Übersicht über das Arzt Gehalt in der Schweiz). Dabei sollte man sich an den Angaben für Männer orientieren, weil deren Vergütung häufig immer noch höher liegt als bei Frauen – so kritisch das auch zu werten sein mag.
Die kommunizierte Gehaltsvorstellung sollte im oberen Bereich dieser Range liegen. Das erhöht die Chancen auf einen deutlichen Gehaltssprung, zumindest bleibt ein gewisser Verhandlungsspielraum nach unten, bei dem man sich immer noch besserstellt. Verdient man bereits “Top”, dann bietet in der Regel nur eine höhere Position Chancen auf mehr Gehalt.
2. Die Lage des Arbeitgebers berücksichtigen
Was ein Arbeitgeber zahlen kann und will, hängt auch von seiner wirtschaftlichen Lage ab. Am besten, man informiert sich vor einer Bewerbung über die wirtschaftlichen Verhältnisse möglicher Arbeitgeber. Spitäler oder Einrichtungen, die finanziell gut aufgestellt sind, werden tendenziell bei Gehaltsforderungen großzügiger sein. Später hilft oft nur ein Arbeitgeber-Wechsel, um ein höheres Gehaltsziel zu erreichen. Ein wirtschaftlich angeschlagener Arbeitgeber wird sich bei Gehaltswünschen besonders zugeknöpft zeigen. Grundsätzlich müssen Mediziner davon ausgehen, dass ihr Gegenüber immer ein “Zahlengerüst” im Hinterkopf hat. Der Verhandlungspartner ist in der Regel an Zielvorgaben gebunden, die seinen Spielraum bestimmen.
3. Sich nicht sofort zufriedengeben
Das erste Angebot des möglichen Arbeitgebers muss nicht gleich das Beste sein, selbst wenn es deutlich über dem liegt, was man bisher gewohnt war. Gerade Frauen neigen dazu, in einer solchen Situation sofort einzuschlagen – und vergeben sich dabei unnötig Gehaltschancen. Männer verhandeln in vielen Fällen härter – das ist einer der Gründe, warum es nach wie vor Gehaltsunterschiede zwischen den Geschlechtern gibt.
Auch hier ist es hilfreich, im Vorfeld die Gehaltsspanne am Markt zu prüfen – siehe Tipp 1. So lässt sich besser einschätzen, ob das Angebot gut, durchschnittlich oder “unter Wert” ist. Mit letzterem sollte man sich nie zufriedengeben, bei einem durchschnittlichen Angebot zumindest nicht sofort einschlagen und auch noch Alternativen in Betracht ziehen. Aber auch bei guten Angeboten bringen Nachverhandlungen oft noch ein besseres Ergebnis.
4. Es nicht bei mündlichen Zusagen belassen
Mancher Arbeitgeber versucht, “auf Zeit” zu spielen. Im Gespräch wird ein Gehaltserhöhung in einigen Monaten, im nächsten Jahr, wenn das und das erreicht ist usw. in Aussicht gestellt. So etwas bringt nur einen Mehrwert, wenn die Zusage wirklich verbindlich ist. Dazu gehört die schriftliche Fixierung. Auf ein mündliches Versprechen kann sich niemand berufen, selbst wenn es aufrichtig gemeint und der Gesprächspartner vertrauenswürdig ist.
In einigen Monaten kann ein anderer Entscheidungsträger zuständig sein, der sich an eine mündliche Zusage seines Vorgängers nicht mehr gebunden fühlt oder die “geänderten Umstände” erlauben vorgeblich keine Gehaltserhöhung. Gründe lassen sich viele finden. Nur eine schriftliche Zusage kann eingefordert werden.
5. Es kommt nicht nur auf das Gehalt an
Die Vergütung für die ärztliche Tätigkeit besteht nicht nur aus dem Gehalt. Es macht zwar üblicherweise das Gros der Entlohnung aus, doch es gibt auch “geldwerte Vorteile”. Angebote für Weiterbildung, Möglichkeiten zur Kinderbetreuung, personelle Unterstützung in Form von Büro- oder Laborassistenten, die zur Verfügung gestellten Arbeitsräume, besondere Regelungen bezüglich Arbeitszeit und freien Tagen – auch das gehört zu Gehaltsverhandlungen.
Gute Rahmenbedingungen lassen einen nicht ganz so hohen Gehaltssprung eher verschmerzen, sie erleichtern es oft auch, erfolgreicher zu arbeiten und schneller eine besser bezahlte Position zu erreichen. Solche “Add ons” verhandelt man am besten bei der Bewerbung um eine Stelle, im Nachhinein ist das erfahrungsgemäß schwieriger.
6. Manchmal hilft “stur bleiben”
Drängt die Gegenseite auf eine bestimmte Antwort, die nicht den eigenen Vorstellungen entspricht, raten Verhandlungs-Experten dazu, beharrlich bei der eigenen Position zu bleiben und die Forderung stetig zu wiederholen. Man nennt das auch “Broken Record”-Technik. Dabei aber nicht nur einfach penetrant den gleichen Betrag nennen, die Forderung sollte auch begründet werden – mit Argumenten, die ggf. in etwas variierter Form, ebenfalls immer wieder vorgetragen werden. Solche Hartnäckigkeit hilft nicht selten, die Position der Gegenseite “aufzuweichen” und mehr Entgegenkommen zu erzielen.
7. Auch höhere Positionen im Blick haben
Eine höhere Position ist ein probates Mittel, um ein besseres Gehalt zu erreichen. Gerade jüngere Ärzte scheuen oft die Bewerbung auf solche Stellen wie beispielsweise Oberarzt Stellenangebote, weil sie glauben, nicht den ausgeschriebenen Anforderungen zu entsprechen. Dabei wird häufig übersehen, dass selbst hochqualifizierte Bewerber nicht alle Anforderungen erfüllen. Selbst wenn die Qualifikation “zu Höherem” noch nicht gegeben ist, sollte man bessere Positionen nicht aus den Augen verlieren. Was heute noch nicht ist, kann bis morgen werden. Ein Verhandlungs-Thema kann die gezielte Förderung und Weiterentwicklung hin zu einer solchen Position sein. Es gilt “dranzubleiben”.
8. Frage nach dem aktuellen Gehalt richtig beantworten
Eine beliebte Taktik auf Arbeitgeber-Seite ist, nach dem aktuellen Gehalt zu fragen. Die Antwort soll eine Orientierung für das eigene Gehaltsangebot bieten und ist aus Bewerber-Sicht tendenziell unvorteilhaft. Deshalb gilt die Empfehlung, konkrete Antworten möglichst zu vermeiden und vage zu bleiben. Das ist sicher nicht ganz einfach, wenn man die Antwort nicht schlicht verweigern will – eher kontraproduktiv für eine gedeihliche Gesprächs-Atmosphäre. “Unbestimmter” sind Angaben von Bandbreiten oder der Verweis auf Entlohnung nach marktüblichen Gepflogenheiten.
9. Selbstbewusst, aber nicht aggressiv verhandeln
Als Verhandlungspartner sollte man stets “auf Augenhöhe” agieren – ob als Bewerber oder bei der Forderung nach einer Gehaltserhöhung. Bittsteller erreichen selten viel. Sich und seiner Leistungen bewusst zu sein, verhilft zu einem überzeugenden Auftreten. Natürlich sollte auch das Gegenteil vermieden werden: großspuriges bis arrogantes Gebaren und aggressives Verhandeln. Es gilt, stets ruhig, sachlich und höflich zu bleiben – auch wenn man diesmal sein Ziel verfehlt. Auf Dauer zahlt sich das aus!
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