Die Patientenaufklärung ist Basis für das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient vor einer Behandlung oder einem Eingriff. Denn jeder Patient möchte vom Arzt umfassend aufgeklärt werden. Darüber hinaus gehört die Aufklärung zu den rechtlichen Pflichten eines Mediziners.
In der Schweiz besteht zwar, anders als in Deutschland, nicht das zivilrechtliche Konstrukt eines Behandlungsvertrags. Danach ist die ärztliche Aufklärung zwingend Teil des Vertragsverhältnisses. Trotzdem wird auch in der Schweiz eine rechtliche Verpflichtung zur Patientenaufklärung gesehen. Sie wird aus der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts, bestimmten kantonalen Erlassen sowie der zivilrechtlichen Qualifizierung als Behandlungsauftrag abgeleitet.
Ungenügende Aufklärung – drastische Konsequenzen
Unterbleibt die Aufklärung, ist sie unvollständig oder fehlerhaft, hat das womöglich gravierende Konsequenzen. Eine Einwilligung des Patienten zur Behandlung erfüllt ohne ausreichende Aufklärung nicht die rechtlichen Voraussetzungen für einen Behandlungsauftrag.
Findet dennoch eine Behandlung statt, greift der Arzt unberechtigt in die persönliche Integrität seines Patienten ein. Daraus können sich Schadensersatz- und Genugtuungsansprüche ergeben. Noch schlimmer: Persönlichkeitsrechte und gegebenenfalls das Recht auf körperliche Unversehrtheit werden beeinträchtigt. Danach ist mit möglichen strafrechtlichen Folgen zu rechnen.
Eine gute und umfassende Patientenaufklärung ist sowohl im Arzt- als auch im Patienteninteresse. Nachfolgend gibt es eine kurze Auflistung wichtiger zu berücksichtigender Aspekte – eine Art Checkliste für die Patientenaufklärung.
Wann sollte die Patientenaufklärung stattfinden?
Die Patientenaufklärung sollte selbstverständlich immer vor einer Behandlung stattfinden.
Bezüglich des richtigen Zeitpunkts gibt es keine pauschalen Vorgaben. Das hängt von der Schwere der Erkrankung und des Eingriffs ab. Bei grösseren Operationen mit erheblichen Risiken sollte die Aufklärung mindesten drei Tage vorher stattfinden, um ausreichend Bedenkzeit zu geben.
Bei Routine-Eingriffen jedoch reicht auch ein Tag vorher. Handelt es sich um risikoarme Mini-Eingriffe wie eine Zeckenentfernung oder eine Warzenvereisung, genügt die Information unmittelbar vor der Behandlung.
Dabei handelt es sich um Faustregeln, die sich in der Praxis herausgebildet haben. Jeder Mediziner muss letztlich selbst anhand des jeweiligen Falles entscheiden, was rechtzeitige Aufklärung bedeutet.
In welcher Form erfolgt die Aufklärung?
Die Aufklärung an sich ist an keine bestimmte Form gebunden. Sie kann schriftlich oder mündlich erfolgen. Relevant ist die Verständlichkeit. Der Arzt hat die Sprachfähigkeiten und Verständnismöglichkeiten seines Patienten zu beachten.
Ärztliche Fachsprache verbietet sich, da der Patient die Ausführungen ohne medizinisches Fachwissen nachvollziehen können muss. Bei Fremdsprachigen sollte eventuell eine professionelle Übersetzung erfolgen. Die Darstellung sollte sachlich sein, und weder positiv noch negativ emotional gefärbt sein.
Was sind die Inhalte der ärztlichen Aufklärung?
- Behandlungsgründe und -ziele
Aufbauend auf der Diagnose muss der Arzt die Gründe für die von ihm gewählte Behandlung plausibel machen. Für den Patient muss das Ziel der Behandlung nachvollziehbar sein, ebenso der Nutzen. Dazu gehört ebenfalls aufzuzeigen, welche Folgen eine Nichtbehandlung hätte.
- Behandlungsform
Hinsichtlich der Behandlungsform erklärt der Mediziner dem Patienten die Art und Weise der Behandlung. Überdies geht er mit dem Patienten die einzelnen Behandlungsschritte durch, beispielsweise bei Operationen.
- Behandlungsrisiken
Die Aufklärung über Behandlungsrisiken ist essenziell. Der Patient ist über mögliche Nebenwirkungen und Komplikationen einer Behandlung zu informieren.
Die Auskunft beinhaltet, auf denkbare Behandlungsalternativen einzugehen. Der Arzt sollte begründen, warum er eine bestimmte Behandlung favorisiert und andere Methoden verwirft.
- Verhaltensregeln
Die Verhaltensregeln kennzeichnen das selbstständige Tun des Patienten. Der Mediziner ist in der Pflicht, dem Patienten zu sagen, was er selbst tun muss, um den Heilungsprozess zu fördern und die Therapie zu unterstützen. Das kann sowohl Verzicht als auch aktives Handeln bedeuten.
- Behandlungskosten
Werden die Kosten der Behandlung nicht bzw. nur teilweise übernommen oder besteht diesbezüglich Unklarheit, muss der Arzt darauf aufmerksam machen.
Wer ist im Streitfall in der Beweispflicht?
Hierbei ist die Rechtslage eindeutig. Im Zweifel muss der behandelnde Arzt beweisen, dass eine ausreichende Aufklärung stattgefunden hat.
Aus diesem Grund ist eine sorgfältige Dokumentation des Gesprächs vor einer Behandlung besonders wichtig. Der Grund liegt darin, da sie bei Streitfällen das entscheidende Beweismittel bildet. Stünde nur Aussage gegen Aussage, hätte der Arzt ohne Dokumentation stets das Nachsehen.